Cluster: Von Indianer und Taschenrechner

Als ich zu Beginn meines Verfahrenstechnik-Studium von einen Dozenten gesagt bekam, dass ich einen Taschenrechner benutzen darf, brach für mich eine Welt zusammen. Damals hatte ein Taschenrechner noch etwas von einen Spicker (und wurde dann auch so benutzt) und in der Schule war es noch etwas Besonderes, wenn ein Schüler so ein Ding in den Unterricht mitbrachte – natürlich durfte man es nicht benutzen, weil die Lehrerin gerne den ‘Rechenweg’ sehen wollte …

Wie dem auch sei: Heute stellt sich das natürlich anders da und man dürfte sich wohl als Kandidat für ‘Wetten das…’ fühlen, sollte man komplexe Berechnungen zeitnah mit dem Rechenschieber lösen. Die Entwicklung ist eine andere. Gerne erzählt man sich als Europäer die Geschichte, in der Indianer von weißen Männern Aufgaben gestellt bekamen, um die Intelligenz der Indianer zu testen. Aber wie müßen diese ‘Gelehrten’ gestaunt haben, als sich der Indianer mit der gestellten Aufgabe seinem Stamm zuwandte und man gemeinsam versuchte die Aufgabe zu lösen. In der Vorstellung der Indianer war es ganz normal schwierige Aufgaben gemeinsam zu lösen. Ein paar hundert Jahre später sehen wir das vielleicht – trotz oder wegen unserer Arbeitsteiligen Produktionsprozesse – auch so.

Grafik eines Rabens im First Nation style
Zeichnung, ein Rabe.
Der Rabe – in der kanadischen First Nation Kultur der Bringer des Feuers

Und was der Rechenschieber von einst und die (ob wahre oder nicht) Sichtweise der Indianer zu einer heutigen Synthese bringt ist der ‘Cluster’. Der Cluster ist ein Konzept, das an sich vereinzelte Computer so vernetzt, dass eine gestellte Aufgabe mit der geballten Rechenpower aller Computer – sozusagen als ein Großhirn – gelöst werden kann. Nun ist das sicherlich nichts Neues und wird seit Jahrzehnten in der Technik eingesetzt, aber die Weiterentwicklung, bzw. der gesellschaftliche Nutzen ist doch interessant zu reflektieren.

Stellen wir uns doch vor, dass es Computer gibt, die so groß sind wie eine Streichholzschachtel – inklusive aller Anschlüsse. Da ich nicht weiß, wie groß eine Streichholzschachtel im Rest der Welt ist, gehe ich von einer deutschen Streichholzschachtel aus … Stellen wir uns vor, diese Computer hätten WLan, also eine Verbindung zur digitalen Welt ohne Kabel. Die Energie, die solche Computer brauchen, gewinnen sie aus ihren Umfeld – zu dem wir noch kommen – aus Reibung, statische Aufladung, Bewegung, was auch immer. Und diese Computer sind absolut wartungsfrei und steril. Warum?

Wenn wir von einer so kleinen Recheneinheit sprechen, können wir es etwa im Magenbereich des Menschen oder mit einem Kabelbinder an einer Rippe platzieren, naja, im Ernst: Da wird es dann schon Ideen geben. Und dann kommt das große Finale: Hunderte Studenten, können sich über ihr (im wahrsten Sinne des Wortes) eigenes WLan mit anderen Studenten zu einen Cluster zusammenschalten und damit komplexe Rechenaufgaben lösen. Die Bedienung, wäre über ein Touchscreen durch die Haut gelöst, jeder Computer (damit jeder Mensch) hätte eine IP-Adresse und die Energie-Versorgung wäre über statische Aufladung, was auch immer…

Grafik eines Rabens im First Nation style
Zeichnung, ein Rabe.
Der Rabe – in der kanadischen First Nation Kultur der Bringer des Feuers

Ich stelle mir das spaßig vor: ein Hörsaal voller Studenten, die sich an der Rippe rumreiben, weil wiedermal ihr Touchscreen nicht sensibler genug eingestellt ist, jeder pingt jeden an, dabei leuchtet dann immer so schön ein rotes LED unter der Haut auf (ein echter Renner in Discotheken!) und der Ausgebende Teilnehmer (sprich: Writer) sollte Stenographie können oder einen guten Drucker verfügbar haben. Ich würde sowas HDR (Human Digital Ressources) nennen: Die Menschen zum Cluster vernetzt, um schwierige Aufgaben gemeinsam berechnen zu können!

Weniger spaßig ist dann natürlich die Vorstellung, dass man die HDR-Unit erstmal Soldaten implementieren würde. Wie Zielsicher können damit Koordinaten berechnet, Flugbahnen abgeschätzt, Wetterdaten verarbeitet oder Verschlüsselungen geknackt werden?!?! Und das alles mitten im Feld, ohne aufwendige Logistik, ohne Container-große Rechenanlagen (Sorry Sun!) und ohne die Gefahr eines (technischen) Ausfalls. Verteilt berechnen – Vereint zuschlagen!

Wenn jetzt einer mit Datenschutz und Bewegungsprofil kommt, dann lache ich! Natürlich sieht die Welt dann anders aus. Manchmal wünsche ich mir, ich wäre ein Indianer….

Bildquelle: leider nicht mehr bekannt


Autor: Mathias R. Ludwig

MCSE, MCITP, MCDBA, RHCT, CompTIA, ITILv3, AdA, VWA Ökonom, Dipl.SozArb., Kfz-Mechaniker, Panzer-Mechaniker/-Fahrer (HptGefr), Stanislaw Lem und Linux Fan, Feuerpferd.

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